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Presse

 

Gautinger Sommerbad kämpft ums Überleben

Erschienen in:   Süddeutsche Zeitung - Starnberg

Schwimmhallen und Freibäder sind teuer. Nun ringt ein Förderverein mit der Gemeinde um den Erhalt der Anlage und fordert mehr Unterstützung.

Das Freibad in Gauting hat Tradition: Schon die alten Römer planschten bereits an der Würm, und bald hundert Jahre ist es her, dass eine erste Freizeitanlage mit Umkleiden, Kassenhäuschen und Ausschank entstand. 1966 wurde das Freibad offiziell eingeweiht, so wie es heute in groben Zügen noch existiert. Generationen von Kindern erlernten dort das Schwimmen. Das großzügige Gelände mit Schwimmbecken, Sprungturm und Kiosk war wie selbstverständlich immer da. Dass es weiterhin so bleibt, ist indes nicht mehr selbstverständlich: In Zeiten knapper Kassen ist das Bad so gefährdet wie noch nie. Zugleich kämpft nun ein Verein an der Seite der Gemeinde um den Erhalt.

Gerüchte von einer Schließung gehören seit Jahren zum Saisonauftakt. Doch jetzt werden aus Gerüchten echte Befürchtungen. Wie ernst die Lage ist, wurde vergangene Woche im Bosco deutlich. Dort trafen sich Mitglieder des Sommerbad-Fördervereins anlässlich des bevorstehenden Saisonauftakts zum Beginn der Pfingstferien. Vereinsvorsitzender Sebastian Worm-Paradiek berichtete von seiner „Angst um das Schwimmbad“ und Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) von „kleinen Schritten, um das Bad über die Zeit zu retten“. Gemeint ist wohl die derzeit finanziell schwierige Zeit der Gemeinde.

Derzeit fehlt das Geld nämlich. Die Bürgermeisterin drückt das so aus: „Uns ist die Luft ausgegangen“. Darum muss in vielen Bereichen gespart werden – auch im Freibad. Auf lange Sicht würden 20 Millionen Euro benötigt, sagte Kössinger, aber an solche Summen ist derzeit gar nicht zu denken. Man kommt mit Reparaturen gerade so über die Runden. Auch mit unkonventionellen Methoden: Da würden auch mal Fliesen zum Ausbessern verwendet, die farblich nicht passen. Die Bürgermeisterin appelliert an die Gautinger, dass sie sich ehrenamtlich ein paar Stunden in der Woche an die Kassen setzen.

Worm-Paradiek hätte gerne Geld vom Freistaat und wandte sich mit einem offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder. Die enttäuschende Antwort kam zuständigkeitshalber von einem Leitenden Ministerialdirigenten im Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr: Dank für das Engagement, ein Satz, wie wichtig es ist, dass Kinder schwimmen lernen und die Mitteilung, dass nicht einmal die Hälfte der Kosten übernommen würde. „Da ist klar, dass der politische Wille fehlt, dass Gauting nicht mit ausreichender Unterstützung des Freistaats rechnen kann“, konstatiert der Vorsitzende des Fördervereins leicht sauer.

Der 48-Jährige geht seine Aufgabe an der Spitze des Fördervereins durchaus forsch an. Er ist Geschäftsführer einer Consulting-Agentur mit 25 Mitarbeitern, Vater von vier Kindern im Alter von zwei bis 13 Jahren und begeisterter Rettungs- und Leistungsschwimmer, der gerne auch vor der Arbeit noch ein paar Bahnen schwimmt. Er wohnt ganz in der Nähe des Gautinger Freibads und machte am Donnerstag mehrfach deutlich, wie sehr es ihm am Herzen liegt.

Der Förderverein will auf verschiedenen Ebenen für das Bad kämpfen. Der Vorsitzende will Druck machen auf Landes- und Bundespolitik und zugleich Kontakt aufnehmen mit anderen Fördervereinen in Oberbayern. Sogar vom Betrieb des Gautinger Sommerbads als Bürgerbad oder unter dem Dach eines Vereins war die Rede, falls es gar nicht anders gehen sollte. Vorerst aber hofft der Verein ebenso wie die Gemeinde auf mehr Rückhalt von den Gautingern und wirbt für den Kauf von Jahreskarten. Tausend Stück wären ein Ziel.

Nach Angaben des Rathauses wurden im Vorjahr 550 Saisonkarten verkauft, fast die Hälfte davon Familienkarten. Zudem wurden etwas mehr als 26 000 Einzeleintritte registriert und 879 Zehnerkarten ausgegeben. Insgesamt waren das gut 58 000 Besucher, fast zwei Drittel davon kamen aus Gauting.

Doch die Eintrittsgelder reichen bei Weitem nicht aus, um den laufenden Betrieb zu finanzieren. Hinzu kommen immer wieder aufwendige Reparaturen und Neuanschaffungen. Wie teuer das Bad für die Gemeinde ist, zeigt ein Blick in den Haushalt: Laut Bürgermeisterin Kössinger sind heuer Einnahmen aus dem Eintritt in Höhe von 185 000 Euro eingeplant. Dem stehen jedoch Ausgaben für Verwaltungs- und Betriebsaufwand von fast 664 000 Euro gegenüber. Das Defizit beläuft sich also auf annähernd eine halbe Million Euro.

Die Gemeinde hat für kommende Saison die Eintrittsgebühren erhöht und hofft, so das Defizit etwas verringern zu können. So kostet etwa die Tageskarte für Erwachsene jetzt acht Euro, für Kinder und Jugendliche 3,50 Euro. Saisonkarten für einen Erwachsenen kosten 150 Euro, für Familien 160 Euro.

Für den Kiosk im Freibad hat die Gemeinde kurzfristig einen neuen Betreiber gefunden. Wie Rathaussprecherin Charlotte Jans mitteilt, wird Partyveranstalter Friedrich Federsel aus Starnberg den Verkauf übernehmen. Der junge Mann sitzt für die Grünen im Starnberger Stadtrat und ist dort Jugendreferent, er hat beim Fünfseen-Filmfestival mitgearbeitet und betreibt eine Eventagentur. Bisher kümmerte sich der Pächter des ans Bad angegliederten China-Restaurants um den Kiosk, doch das Lokal ist seit dem Winter geschlossen.

06.05.2024, Michael Berzl