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Veranstaltungsinfo

04.06. - 19.07.2024
19.00 Uhr
Ausstellung

Eintritt frei

Anmeldung erwünscht
unter 089 / 452 38 58-0 oder
kartenservice@theaterforum.de

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Christian Springer und Albert Kapfhammer: Eine bomben Aussicht

Die Ausstellung Eine bomben Aussicht bildet Auftakt und Rahmen zu unserem Themenschwerpunkt "Mensch im Konflikt".

Ein Mann trägt eine schwarze Aktentasche auf dem Kopf. Er sitzt am Fluss, kauft ein, überquert die Straße, liest - alltägliches Leben. Eine Aktentasche auf dem Kopf zu tragen, schränkt die Sinne ein. Er kann nicht wissen, was um ihn herum passiert, er sieht, riecht und hört nichts.

Der Kabarettist Christian Springer, der unter der Aktentasche steckt, streift durch Alltagsszenen. Die Bilder mit ihrer Mischung aus Realität und Komik mahnen zur Vernunft in bedrohlichen Zeiten. Denn die Tasche auf dem Kopf ist keine originäre Idee von Christian Springer. In den 1960er Jahren gab es einen ernsten Appell der Bundesregierung: Wenn der Atomkrieg kommt, schützen Sie sich unter anderem mit einer Aktentasche über dem Kopf. So lautete der Hinweis in der Regierungsbroschüre, denn "Jeder hat eine Chance", versprach der damalige Slogan der Kampagne.

"Das ist absurd", kommentiert Christian Springer, "der einzige Weg, einen Atomkrieg zu überleben, ist: keinen Atomkrieg zu haben". Die Ausstellung ist Christian Springers satirischer Kommentar zum Zeitgeschehen.

Begleitet wurde er auf seinen Streifzügen zu vertrauten und fremden Orten von seinem Freund und Fotografen Albert Kapfhammer, der die kritisch-ironischen Szenen in klassischen Schwarz-Weiß-Fotografien festhält. Da die Foto-Sessions von Anfang an begleitet waren von Putins Drohungen mit der Atombombe, werden die Fotografien im besten Fall auch als Anti-Kriegs-Aufruf verstanden.

Die Fotoausstellung "Eine bomben Aussicht" hatte im Juli 2023 ihre Premiere in Beirut im Libanon. Nach Stationen in Garching, Burghausen, München und Raubling ist die Ausstellung von DI 04.06. bis SO 19.07.2024 zu Gast im bosco, Bürger- und Kulturhaus Gauting.
 

CHRISTIAN SPRINGER, geboren in München, mischt sich als Kabarettist, Autor und engagierter Bürger in aktuelle Debatten ein. Neben seinen Kabarettauftritten und Tourneen moderiert er die monatliche Sendung "schlachthof" im Bayrischen Fernsehen. Er gründete 2012 die Hilfsorganisation Orienthelfer e.V., die ihren Sitz in München hat. Mit seiner Initiative SCHULTERSCHLUSS, die mit Aktionen, Vorträgen und Publikationen in Zeiten von Rassismus, Antisemitismus, und Hass-Botschaften ein Zeichen für Demokratie setzen will, hat er u.a. Projekte zu 75 Jahre Gesetz zur Entnazifizierung, zu 50 Jahre Brandanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum und aktuell zu 100 Jahre Hitlerputsch organisiert.

ALBERT KAPFHAMMER, hat als Sozial- und Kulturpädagoge und Vorstand u.a. von Kultur & Spielraum e.V. über viele Jahrzehnte die Entwicklung und Durchführung von kulturpädagogischen Projekten und Veranstaltungen sowie den Betrieb von Einrichtungen der kulturellen Bildung in München verantwortet. Die Fotografie begleitet ihn seit seiner Jugendzeit und ist neben dem Interesse am Zeichnen als Ausdrucksmittel und Werkzeug ein wichtiger Teil seines Lebens.
 

Programm zur Ausstellungseröffnung am Di, 04.06.2024 ab 19:00 Uhr:
Grußwort DR. JÜRGEN SKLAREK, 2. Bürgermeister der Gemeinde Gauting
Einführung CHRISTIAN SPRINGER, Kabarettist und Autor
Einordnung und sonstige Aussichten Eine launige Exkursion rund um das Thema der Ausstellung aus naturwissenschaftlicher Perspektive Prof. Dr. rer. nat. WOLFGANG M. HECKL, Generaldirektor Deutsches Museum München
Musik DUO BABYSTEPS (Marlene Neubert und Chris Jagoda)
 

münchen.tv-Beitrag zur Ausstellung im  Valentin-Karlstadt-Musäum München:

 

Zum Themenschwerpunkt "Mensch im Konflikt"
Die Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022 und die damit einhergehende Eskalation des seit 2014 anhaltenden Krieges hinterlässt auch in unserer Gesellschaft Spuren. Die Angst vor einem Atomkrieg ist zurück und verändert die globalen Machtspielräume. Nicht zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit. Für das Jahr 2022 wurden vom Uppsala Conflict Data Program (UCDP) weltweit 55 bewaffnete Konflikte mit staatlicher Beteiligung erfasst – 8 davon gelten als Kriege. Angesichts einer zunehmenden Zahl an autokratischen Regierungen und schwachen Staaten in der Welt ist aktuell nicht absehbar, dass sich an diesem Zustand so schnell etwas ändern wird. Fast täglich enthalten die Nachrichten Meldungen zur wieder entflammten Diskussion über Aufrüstung, Militarisierung und Rückkehr zur Abschreckung mit Atomwaffen. Sogar bei uns in Deutschland. Wie begegnen wir diesen Entwicklungen im Alltag und in unseren politischen Entscheidungen?

Ausstellungseröffnung Di 04.06.2024 | 19:00 | Eintritt frei, Voranmeldung erwünscht
Führung So 16.06.2024 | 14:00 | Eintritt frei, Voranmeldung erwünscht
Führungen für Schulklassen und Gruppen Di 18.06.2024 | 09:00 – weitere Termine nach Vereinbarung | Eintritt frei, Anmeldung bis Di 11.06.2024 erforderlich
Film Do 04.07.2024 | 20:00 | Eintritt frei, Voranmeldung erwünscht
Dauer der Ausstellung Bis Fr 19.07.2024 zu den Öffnungszeiten des bosco und bei Veranstaltungen

Der Besuch unserer Ausstellungen während der Öffnungszeiten des bosco ist frei.

Nach(t)kritik
Der Krieg und der Springer und diese Aktentasche
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Er sieht ein bisschen aus wie ein Alien, dieser Mann im weißen Hemd mit der fest gebundenen Krawatte und der schwarzen Aktentasche auf dem Kopf. Ein irritierender Fremdkörper im ansonsten gewohnten Stadt-Szenario: mal hockt er auf den Stufen vor klassizistischen Säulen auf dem Münchner Königsplatz, mal schwebt über ihm der Friedensengel, mal steht er Rücken an Rücken mit dem Unter-die-Erde-Schauer vor der Ägyptischen Staatssammlung. Am Obststand ist dieser seltsame Aktentaschenkopf ebenso zu sehen wie im Englischen Garten. Ist er vom Himmel gefallen? Oder ist ihm aus irgendeiner unbekannten Galaxie diese Kopfbedeckung verpasst worden?

„Eine bomben Aussicht“ heißt die Ausstellung von Christian Springer und Albert Kapfhammer, und vor allem die Älteren unter den Besucherinnen und Besuchern können sich noch gut an die Kampagne „Duck and cover“ aus den Sechzigern erinnern, als die Regierungen dieser Welt tatsächlich als Zivilschutzmaßnahme gegen die Folgen eines atomaren Angriffs empfahlen, sich entweder sofort unter eine Abdeckung zu kauern oder sich etwas über den Kopf zu legen, eine Aktentasche beispielsweise. Nun ist die Idee der atomaren Abschreckung ohnehin schon eine Absurdität, die Aktentaschen-Empfehlung ist jedoch an Absurdität kaum noch zu überbieten.

Leider leben wir aber wieder in Zeiten des Krieges, und die Drohung mit der Atombombe zählt längst wieder zu offiziellen Verlautbarungen der Machthabenden. „Als Putin über den Einsatz von Atomwaffen sprach, ist mein Vater narrisch geworden“, berichtet Christian Springer in seiner Einführung bei der Vernissage am Dienstagabend. Springer stammt aus einer Familie, in der - abgesehen von einem Großvater, der in sehr jungen Jahren unfreiwillig in den Ersten Weltkrieg eingezogen wurde - seit elf Generationen niemand mehr an einem. Krieg teilgenommen hat. Das lebt in dieser Familie, wird erzählt und gepflegt. Und so wehrt sich Christian Springer gegen die Ungeheuerlichkeit und Zumutung einer solch grotesk absurden Bedrohung mit seinen ureigenen Mitteln: dem Spiel mit der Absurdität. „Der Krieg und der Springer und die Aktentasche“, sinniert er und gibt dann einen bunten, frechen, witzigen, assoziationsreichen Einblick in das, was ihm bei diesem Dreisatz durch den Kopf geht. Das Ergebnis zeigen die Fotos: das Lebe geht einfach weiter und der mann mit dem Aktentaschenkopf stellt sich so lange dort hinein, bis man es dem Alltag ansieht.

Den Anstoß, „Eine bomben Aussicht“ im bosco zu zeigen, hat übrigens Christian Springer selber gegeben. Bei seinen Kabarettauftritten hat er sich immer wieder über die Ausstellungen im Haus gefreut und einfach eines Tages angefragt, ob man hier nicht auch seine Bilder zeigen könne. Natürlich ist er mit offenen Armen empfangen worden. Und so sind nun die Schwarz-Weiß-Fotos bis zum 19. Juli im bosco zu sehen. Eingebunden ist die Ausstellung in den Themenschwerpunkt „Mensch im Konflikt“. In diesem Rahmen gibt es noch Führungen für Gruppen und für Schulklassen sowie einen Filmabend mit dem Kubrick-Klassiker „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ (am 04.07. um 20 Uhr). Mit einem launigen, sehr persönlichen Grußwort gab Wolfgang Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums, ein paar Impulse rund um das Thema Atomphysik und militärische Nutzung. Und das junge Duo Babysteps, bestehend aus Marlene Neubert und Chris Jagoda, rundete den Abend hervorragend musikalisch ab - übrigens auch eine Formation, die auf Initiative von Christian Springer hin das kreative Zepter übernahm. Die Welt und das Leben und der Springer - was für eine wunderbare Begegnung!