Direkt zum Inhalt

Nach(t)kritik

Sa, 11.05.2024
19.00 Uhr

Wo - und wer - ist Ronja?

Veranstaltung: SpielLust #5: Aufführung des 5. Theaterjugendclubs Gauting

„Wir werden nicht mehr die sein, die wir einmal waren“, sagt eine der Jugendlichen zu Beginn. Es ist Sommer, die großen Ferien haben gerade begonnen. Vor Ronja, Rafik und Paula liegen endlose sechs Wochen Freiheit. Der Eisbach lockt, seine mitreissende Welle, die wie ein wilder Strom äußere Lebensfreude wie innere Aufgewühltheit gleichermaßen repräsentiert - ein Zustand wie die Pubertät der drei Freundinnen und Freunde. Doch ehe es losgehen kann mit der Freiheit, ist Ronja auf einmal verschwunden. Paula und Rafik machen sich auf die Suche nach ihr - erfolglos, wie es schient. Dabei fällt ihnen auf, wie wenig sie von Ronja wissen: nichts als ihren Namen und ihre Handynummer kennen sie. Auf den Namen aber hört sie nicht mehr, und das Handy bleibt stumm. Die beiden hängen Vermisstenzettel auf, befragen Menschen an den Orten, die sie gemeinsam besucht haben. Und nach und nach erfahren sie, wie es sich lebt in der Stadt an der Isar, am Eisbach, wenn man fremd ist, aus der Fremde gekommen ist.

„Eisbachwelle“ ist ein Theaterstück für Jugendliche, das der Autor Florian Wacker als Auftragswerk für die Schauburg am Elisabethplatz geschrieben hat. Vielstimmig und vielschichtig erzählt es von Freundschaft und Ausgrenzung, von Eifersucht, Ängsten und Sehnsucht. Viele Erfahrungen kommen dabei während der Suche nach Ronja zur Sprache: mal ist es die kranke Mutter, mal das Gefühl, allein zu sein, was hier verhandelt wird. Dann wieder bricht pure Lebenslust aus und das alle Heranwachsenden einigende Gefühl, niemals so werden zu wollen wie die Erwachsenen.

Sebastian Hofmüller hat, gemeinsam mit Sabine Gruban (die für die theaterpädagogische Betreuung verantwortlich zeichnet) im Rahmen des bosco-Projekts „Spiellust“ mit zehn Gautinger Jugendlichen die „Eisbachwelle“ erarbeitet. Dabei verteilen er und die Kids die drei Hauptrollen Ronja, Rafik und Paula geschickt auf alle Mitspielenden, indem die kennzeichnenden Kostümteile - ein kariertes Hemd und eine Cap für Rafik, eine dunkelrote Jacke für Paula - immer wieder von anderen übergestreift werden, die damit sichtbar in die jeweilige Rolle schlüpfen. Die anderen Spielerinnen und Spieler sind nahezu immer im Hintergrund anwesend, agieren mal als Chor, übernehmen dann wieder einzelne Rollen wie die eines Vaters, zweier Polizisten oder einer Eisbach-Surferin. Die knapp neunzig Minuten spielen die Jugendlichen konzentriert und in dichtem Agieren: Josefa Augustin, Laura Bachler, Madlen Bäumert, Elisa Bühler, Franziska Denzel, Sarah Gnadke, Mika Hähne, Jannis Hofmüller, Theresa Krenn und Jannik Wiegmann schlüpfen abwechselnd in alle Rollen und mimen vor allem jene Passagen besonders glaubwürdig, in denen es um pubertäre Ausbrüche und innere Zerrissenheit geht. Eine beeindruckende gemeinsame Theaterarbeit, an der noch Benjamin Hüttner (Licht und Ton) und Lola Klein (technische Assistenz) beteiligt waren.

Sabine Zaplin, 12.05.2024


Direkt nach der Veranstaltung schreiben professionelle Kulturjournalist*innen eine unabhängige Kritik zu jeder Veranstaltung des Theaterforums. Diese Kritik enthält dabei ausschließlich die Meinung der Autor*innen.