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Veranstaltungsinfo

So, 08.12.2019
20.00 Uhr
Literatur

22,00 / 10,00

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Veranstalter: Theaterforum Gauting e.V.

Brigitte Hobmeier & nouWell Cousines: Eine schöne Bescherung

Ein Abend mit Texten und Musik über Frostiges und Herzerwärmendes – nicht vom Eise befreit: Erzählt und gelesen von Brigitte Hobmeier, musikalisch unterstützt und kontrapunktiert von den nouWell cousines.
Weihnachten kommt vor, ja, und zweifellos auch: Vertrautes, Befremdliches, Erstaunliches. Zum Beispiel eine Gans, die im gefrorenen Zustand des Fliegens mächtig ist. Ob das Christkind auftritt, ist ungewiss. Dass Ungeheuerliches vom Weihnachtsmann berichtet wird: gut möglich. Und „wenn gegen den Winter wehet der Südwind“: Wohin treibt es den Menschen dann?

BRIGITTE HOBMEIER wurde den Münchnern als Ensemblemitglied des Münchner Volkstheaters (von 2002-2005) bekannt, bald schon avancierte sie in Rollen wie der stolzen Geierwally oder der Männermörderin Lulu zum Publikumsliebling. Ab 2005 gehörte sie bis zum Sommer 2017 den Münchner Kammerspielen an, wo sie in mehr als einem Dutzend großer Rollen sensible, zerbrechliche Frauenfiguren genauso wie zupackende Weibsbilder verkörperte. Weit über München hinaus bekannt wurde „die Hobmeier“ durch ihre Filmrollen, besonders durch den ZDF-Fernsehfilm „Die Hebamme“. Mit ihrer Art „hinter der Appretur des frischen Mädchens die verlockendsten Abgründe aufschimmern zu lassen“, verdreht sie, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt, „dem Publikum den Kopf“.

Die musikalische Zutat liefern die NOUWELL COUSINES, zu 3/4 dem Suppentopf der Familie Well entsprungen. Die vier Vollblutmusiker bieten in einem spritzigen Crossover von Volksmusik über freche Lieder bis hin zu klassischen Stücken dem Zuhörer alles, was er sich von einem musikalisch hochwertigen Menue erhoffen kann.

Erzählung, Lesung BRIGITTE HOBMEIER
Musik MARIA WELL, MARESA WELL, MATTHIAS WELL, ALEXANDER MASCHKE, alle diverse Instrumente
Textauswahl und Zusammenstellung TRISTAN BERGER
Nach(t)kritik
Und sehet, was uns bescheret ist
Nach(t)kritik von Sabine Zaplin

Tief hinein in die Schrecken des Eises und der Finsternis führte die Schauspielerin Brigitte Hobmeier das Publikum zu Beginn eines Abends, der saisongemäß literarisch musikalischen Spuren hinüber zum bevorstehenden Weihnachtsfest zu folgen sich vorgenommen hatte. Gemeinsam mit drei von vier Nouwell Cousines - die Maria Well war krank und „recht zwider, dass net dabei sein kann“ (O-Ton Maresa Well) - erkundete das einstige Mitglied der Münchner Kammerspiele die menschlichen Befindlichkeiten, die gerade bei frostigeren Temperaturen und sich breit machender Dunkelheit zu den absurdesten Zuständen führen können.

Mit Amundsens und Scotts Wettlauf um die Ersterkundung des Südpols begann es. Auf den ersten Blick ist diese tief tragische und zugleich von menschlichem Hochmut erzählende Geschichte nicht unbedingt eine Advents- oder gar Weihnachtsgeschichte. Aber sie schuf das entsprechende Szenario: die unwirtliche Natur, das näherrückende Ziel, der Wettlauf mit der Zeit und am Ende die Enttäuschung, nicht bekommen zu haben, was so sehnlichst gewünscht worden war. 

Und es gibt noch andere Wege hin zur Bescherung. Sie führen mal über die Liebe zum Whisky und zum Rollenspiel zu einem denkwürdigen Auftritt eines kurzfristig angeheuerten Weihnachtsmannes. Sie führen über falsch verstandene weihnachtliche Nächstenliebe zu einem sinnlosen, aber gut gemeinten Geschenk. Sie führen aufs glatte Eis, in den tiefen Wald, ganz tief hinein in die Abgründe des von den Dichtern einst als edel, hilfreich und gut besungenen Menschengeschlechts. „Eine schöne Bescherung“, lautet der Titel des Programms, und von solch sprichwörtlich  schön schauriger Bescherung weiß dieses eindrucksvoll zu berichten.

Maresa Well, Matthias Well und Alexander Maschke, die Trio-Version der Nouwell Cousines, kommentieren in großartig ausgewählten Musikstücken, in der Besetzung für Geige, Akkordeon und Klavier sowie Gesang, die Bescherungsgeschichten mal humorvoll, mal melancholisch reflektierend. Die interpretatorische Exzellenz dieses jungen Ensembles beeindruckt sowohl durch konzentrierte Präsent als auch durch virtuose Spielleidenschaft und Leichtigkeit. So entsteht nicht selten ein spannender Kontrast zu den meist dunkler gefärbten Geschichten.

Spielleidenschaft, gepaart mit Leichtigkeit und Exzellenz  besitzt auch Brigitte Hobmeier. Sie liest nicht nur, sie steigt geradezu körperlich in die Figuren der ausgewählten Texte hinein. Mal in deftigstem Bayerisch, dann wieder fast nüchtern Hochdeutsch, mal lyrisch singend, dann wieder den ganzen syntaktischen Reichtum der Prosa auskostend, zelebriert sie diese literarischen Phantasien rund um die dunklere Jahreszeit. 

So erlebt das Gautinger Publikum schon gut zwei Wochen vor dem Weihnachtsfest eine musikalisch-literarische „schöne Bescherung“ auf höchstem Niveau. Und eine jede, ein jeder ging beseelt nach Hause.

Galerie
Bilder der Veranstaltung
So, 08.12.2019 | © Werner Gruban - Theaterforum Gauting e.V.