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Presse

Haare schneiden auf die alte Art

Erschienen in:   Starnberger Merkur

Der historische Friseursalon im Bosco hat regen Zulauf.

Ein Frisiertisch aus den 1960er-Jahren, ein Kundenlederstuhl für den Herrn, eine „Neue Illustrierte“ zum Überbrücken der Wartezeit, schummrige Beleuchtung: Im Bosco hat ein historischer Friseursalon quasi Auferstehung gefeiert. „Darf man da denn überhaupt reinkommen?“ fragte eine Besucherin der aktuellen Ausstellung „Mausefallen für Dich – Zigarren für die Welt.“ Ja, man durfte.

Im Parterre des Bosco schnitt Friseurmeisterin Gabriele Pfeifhofer nämlich ehrenamtlich Haare – zugunsten des Bosco. „Diese Locken sind von Hans-Georg Krause“, erzählte die Stockdorferin gleich zu Beginn und deutete auf die Locken, die sich am schwarzen Fußboden kringelten: Der Gründer des Gautinger Bosco und Leiter der Ausstellung war einer ihrer ersten Kunden. Auf den Einsatz der historischen Haarschneidemaschine hatte die die Friseurin verzichtet. Denn diese manuell zu bedienende Apparat „geht aufs Handgelenk“, so die langjährige Chefin des Stockdorfer Salons „Gabriele“.

Wie die übrigen Einrichtungsgegenstände stammt auch das Interieur des Friseursalons aus dem reichen Fundus von Hermann Geiger. Der Unterbrunner Heimatforscher und Sammler hat einst die Einrichtung aus dem längst geschlossenen Friseursalon des Pentenrieders Edgar Schuldes übernommen. Im mit Tüten-Stehlampe gemütlich ausgeleuchteten Original-Salon findet sich deshalb eine Original-Metallhaube, ein besticktes Kreuzstichhandtuch mit der Jahreszahl 1878, aber auch ein Werbeplakat für eine „Wasserwelle“ für die Dame.

Ihre verstorbene Mutter Josefa Pöppl habe im Stockdorfer Salon an der Waldstraße 6 noch Kundinnen „jede Woche die Haare onduliert und von Hand einzeln Wasserwellen gelegt“, erzählte Friseurmeisterin Gabriele Pfeifhofer. Vor 46 Jahren habe sie den Stockdorfer Salon dann übernommen, aber vor zwei Jahren aufgegeben.

Ihre Stammkundinnen waren dort die unvergessene bayerische Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner, die bekanntlich in Stockdorf lebte, aber auch die Ehefrau von Ministerpräsident Alfons Goppel, berichtete die Zeitzeugin stolz.

„Auch ich war dort Stammkundin“, erzählte Bosco-Besucherin Dorothee Dittmar (70). Sie findet es traurig, dass es „den tollen Laden“ an der Waldstraße in Stockdorf nicht mehr gibt. „Denn das war wie ein Wohnzimmer für uns“, sagte sie und meldete sich gleich spontan für eine kleine Lücke in den eng getakteten Haarschneideterminen am vergangenen Sonntag.

Für die Merkur-Reporterin zückte Friseurmeisterin Gabriele Pfeifhofer lachend die historische Brennschere. Danach schnippelte die Fachfrau kurz und schmerzlos die kaputten Haarspitzen und gab ihr gleich noch einen Tipp mit auf den Weg: Kostengünstige Niveacreme pflege trockenes Haar nämlich perfekt, wie anno dazumal. Nur noch am kommenden Wochenende, jeweils Freitag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr, gibt es kurzfristige Haarschneidetermine im historischen Salon „Gabriele“ gegen eine Spende fürs Bosco. Anmeldung: ausstellung@theaterforum.de.

10.04.2024, Christine Cless-Wesle